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Le camp d’internés 1914-1919
Le camp d’internés 1914-1919

Dieser Internet-Auftritt verfolgt das Ziel, möglichst viele Informationen über das Internierungslager auf der Ile Longue zusammenzustellen, damit Historiker und Nachkommen der Internierten sich ein Bild von den Realitäten dieses bisher wenig bekannten Lagers machen können - nicht zuletzt auch, um die bedeutenden kulturellen Leistungen der Lagerinsassen zu würdigen.

Le but de ce site est de prendre contact avec les familles des prisonniers allemands, autrichiens, hongrois, ottomans, alsaciens-lorrains... qui ont été internés, pendant la Première Guerre mondiale, dans le camp de l’Ile Longue (Finistère).

„Die Insel-Woche“, erste Folge
On-line gesetzt am 8. Juli 2012
zuletzt geändert am 2. Juni 2015

von Christophe

Im Juni 1915 erhalten die Internierten die Erlaubnis, eine Lagerzeitung in deutscher Sprache herauszugeben. Die Absichten und Zielsetzungen, die die Redakteure verfolgen, werden im Leitartikel der ersten Nummer (Erscheinungsdatum : 20. Juni 1915) deutlich zum Ausdruck gebracht.

Für den Fall von Schwierigkeiten bei der Entzifferung, hier eine Transkription dieses Leitartikels:

Was wir wollen

Schwer lastet auf uns der Druck der Gefangenschaft, das zur Untätigkeit Verdammt-Sein während großer, Herz und Gemüt erregender Ereignisse. Und es ist einmal unmöglich, der inneren Gepreßtheit durch rüstiges Eingreifen in die Entwicklung der Dinge Luft zu machen, so drängt es wohl manchen von uns, in Wort und Schrift allen Gleichgesinnten sich mitzuteilen, Sie an seiner Überzeugung, seinen Stimmungen und Hoffnungen teilnehmen zu lassen. Auf dem Korrespondenzwege ist uns aber auch dies durch die Zensur nahezu unmöglich gemacht. Wie wünschenswert wäre es daher, wenn unter uns die dazu Berufenen ihr Wissen, ihre Ansichten und ihr Fühlen auf dem Papiere festhielten, um sich selbst sowie ihren Leidensgenossen für spätere bessere Zeiten eine Erinnerung zu bewahren an gemeinsam Empfundenes und Erlebtes. Dies alles zu sammeln, ist der Hauptzweck unseres Wochenblattes; wir bitten jeden, nach seinen Kräften diesen Gedanken zu fördern. Was immer an erfrischenden und lustigen Momenten das Lagerleben bietet, findet, in gehörige Form gebracht, hier natürlich auch freudige Aufnahme. Alles was den Verfassern und den Lesern zum Zeitvertreib und zur Unterhaltung dienen kann: Aufsätze und Verse, sportliche Berichte, Witze und Anzeigen: alles, von allen Seiten zusammengetragen, wollen wir in unserem Blatte veröffentlichen und bitten die Kameraden, uns für Mühe und Unkosten durch fleißiges Mitarbeiten zu entschädigen.

Insel-Woche 1 Nr 01 Titelblatt

Die technischen Mittel, über die die Internierten verfügen, um ihre Zeitschrift zu schreiben und zu veröffentlichen, sind zu dieser Zeit noch eher dürftig. So sind alle Texte mit der Hand geschrieben (oft in deutscher Schrift) und, weil es noch keine Druckerei gibt, werden die Exemplare hektographiert.

Was den Inhalt der „Insel-Woche“ dieser ersten Folge betrifft, herrscht unter den Redakteuren eine gewisse Uneinigkeit. Während die einen ihre Pflicht darin zu sehen scheinen, ihre Leidensgenossen durch patriotische Parolen und eine feindliche Gesinnung gegenüber Frankreich ermutigen zu müssen, zeigen sich andere friedfertiger und bauen mehr auf hunmanistische und kulturelle Werte. Offensichtlich konnten sich Letztere nicht gegen die Gruppe der anderen durchsetzen, denn Die Insel-Woche wird aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Lagerleitung verboten. Hier die vollständige „Entscheidung“ des Lagerkommandanten Alleau vom 28. Januar 1916 mit der Begründung dieses Verbots :

Anordnung des Kommandanten

Unter Missachtung des Entgegenkommens, das ihnen durch die Erlaubnis, eine Lagerzeitung herauszugeben, erwiesen wurde, haben die Gefangenen eine Frage der Brotverteilung als Vorwand dafür benutzt, in einem Artikel der letzten Nummer besagter Zeitung voller Hass, Unbotmäßigkeit und ausgesprochen überheblicher Frechheit dagegen zu polemisieren, was die Franzosen unter Menschlichkeit verstehen und wodurch sie Hass gegenüber dem deutschen Gefangenen erregen. Diese Denkweise zeigt, dass den Begünstigungen im Lager Ile Longue ein Ende gesetzt werden muss. Infolgedessen erhalten, als erste Maßnahme, der Verfasser des betreffenden Artikels wie auch der Drucker der Zeitung 15 Tage Gefängnisarrest, davon 8 in der Zelle. Die Lagerzeitung wird verboten ; die technischen Geräte, die zum Druck dienen, werden eingezogen und zerstört ; die Theateraufführungen werden verboten ; die Zusammenkünfte von Studenten, deren angegebener Zweck das Studium war, werden verboten ; die Räumlichkeiten, die den Gefangenen zur Ausübung der genannten Tätigkeiten zur Verfügung gestellt wurden, werden ihrer rechtmäßigen Bestimmung zurückgegeben. Der Hauptfeldwebel wird mit der Ausführung dieser Entscheidung beauftragt.

Décision du Commandant Alleau du 28 janvier 1916

Anlass zu diesem Verbot ist der in der „Insel-Woche“ Nr. 30 vom 23. Januar 1916 erschienene Artikel mit dem Titel „Hygiene – eine Kulturbedingung“, den Xavier Rimmelin auf S. 31 seines Tagebuches vollständig zitert. Der Lagerkommandant hat nicht ganz Unrecht, wenn er von „Hass, Unbotmäßigkeit und … überheblicher Frechhheit“ auf Seiten der Internierten spricht. Aber die hatten Hunger, und es ging ihnen um nichts weniger als das lebensnotwendige tägliche Brot.
Wie kann es sein, dass eine Lagerzeitung, die, laut Hans Bayer (op. cit. S. 139) zwar nicht von Anfang an, wohl aber im späteren Verlauf ihres Erscheinens der Zensur unterlag, verboten wird? Dieses Verbot wirft die Frage nach der Funktionsweise der Zensur und ihrer Zuverlässigkeit auf. Wäre es nicht ihre Aufgabe gewesen, missliebige Beiträge so rechtzeitig, also vor ihrer Veröffentlichung, auszusondern, dass sie der Leserschaft gar nicht erst bekannt werden können?

Es wäre natürlich von großem Interesse, Informationen über die beiden Schriftleiter dieser ersten Folge der „Insel-Woche“ zu haben: H. Schuett (für die Nummern 1 – 10) und Robert Rümmler (ab Nummer 14). Was Robert Rümmler (vgl. die Namensliste) betrifft, verfügen wir immerhin über ein paar grundlegende Angaben zu seiner Person. Von H. Schuett dagegen findet sich bedauerlicherweise - und für uns unerklärlich - keine Spur in den Listen der Lagerverwaltung.

Hier finden Sie die einzelnen Nummern der „Insel-Woche“, erste Folge.


Documents
Der Artikel, auf den das Verbot der „Insel-Woche“, 1. Folge, zurückgeht. 11.2 kiB / PDF
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